Dieser Beitrag handelt von unserem Versuch 4 Säcke Kenia Kambarare direkt von Gerald Njagi zu uns in die Kaffeeschreiner Rösterei zu importieren.
Wie bereits in unserem Rohkaffee-Update 2023 angeschnitten: dieses Jahr stellt es sich als etwas komplizierter heraus den Kaffee von Gerald Njagi zu bekommen.
DIRECT TRADE – OFT MISSBRAUCHTES SCHLAGWORT
Wir alle haben oft das Schlagwort „Direct Trade“ in den Ohren, in Verbindung mit Kaffeeröstereien, die damit angeben direkt vom Farmer Kaffee zu kaufen. Wie das bei anderen Kaffeeröstereien in der Realität umgesetzt wird, wollen wir hier nicht diskutieren – nur unseren Zweifel darüber aussprechen, dass das Schlagwort Direct Trade wirklich im Sinne einer direkten Beziehung zwischen Farmer und Rösterei benutzt wird.
Zur Erklärung unseres Zweifels möchten wir herausstellen, dass das Thema Rohkaffee-Export und Import sehr komplex ist. Wir haben es anhand unseres Versuchs 4 Säcke kenianischen Kaffee zu uns in die Rösterei zu bekommen, nun erlebt. Wir möchten hier auch nicht nur über fröhliche und tolle Neuigkeiten berichten, sondern euch auch informieren über Misserfolge. Es ist eine weite komplizierte Welt des Kaffeehandels, wenn man, wie wir, nicht bereit ist einfach ausschließlich von einer Spot-List Kaffee einzukaufen. Dies ist in unserer Branche, auch unter kleineren Kaffeeröstereien jedoch hauptsächlich verbreitet und eher selten, dass Direct Trade wirklich gelebt wird. Hier möchten wir euch empfehlen den Podcast von Tim Wendelboe zusammen mit Coffee Collective anzuhören. Dieser fasst das Thema sehr gut zusammen. (Auf Spotify verfügbar)
EINE PERSÖNLICHE BEZIEHUNG ZU KAFFEEFARMERN
Aber nun mal ganz von vorne: Persönliche Beziehungen zu den Personen zu pflegen, die die wichtigste Voraussetzung dafür schaffen, dass der Kaffee so aus unserem Röster kommt, wie wir ihn mögen, ist für uns eines der wichtigsten Ziele für die Rösterei-Arbeit. Bei Gerald Njagi aus Kenia konnten wir dieses Ziel umsetzen.
ROHKAFFEEHÄNDLER ALS WICHTIGES ZWISCHENGLIED
Über Trabocca, unser wichtigster Rohkaffeepartner, konnten wir diese seltene Gelegenheit wahrnehmen, kenianischen Kaffee zu kaufen, der zu einem Farmer und zu einer Farm rückverfolgbar ist. Zwei Ernten Kenia Kambarare haben wir nun auf diese Weise von Gerald bereits beziehen können – Trabocca als Zwischenglied, welches die Preisbildung, Qualitätssicherung und den Export/Import übernimmt. Diese Aufgaben sind für sich alleine bereits herausfordernd. Trabocca hat jahrzehntelange Erfahrung im kenianischen und äthiopischen Ursprung – ist also Experte darin zu beurteilen, wie die Menschen dort arbeiten, welche Bedürfnisse dort vorherrschen, wie Qualität beurteilt wird und sind fähig mit den Kaffeefarmern oder Kaffee-Kooperativen den angemessenen Preis dafür zu verhandeln. Ihr merkt schon, wir sind sehr froh, dass wir uns auf diese Erfahrung von Trabocca verlassen können, da wir selbst noch keine Erfahrung darin sammeln konnten.
Dieses Jahr jedoch hat Gerald einen großen US Buyer als Direkt-Kunden gewinnen können, der seine ganze Ernte kauft. Da wir mit Gerald auch über WhatsApp und Skype direkten Kontakt haben, hat er uns darüber informiert. Da wir so begeistert von seiner Arbeit und seinem Kaffee sind, war er bereit uns 4 Säcke der Ernte abzuzwacken. Natürlich haben wir uns über diese Chance gefreut. Auch die Aussicht das erste Mal „richtig direkt“ Rohkaffee einzukaufen, gefiel uns sehr. So schön – so gut. 4 Säcke vom Farmer gesichert, Geralds Preis, den er für die AB Sortierung Washed aufrufen wollte, bestätigt und los gehts?!
KAFFEE-EXPORT IST ETWAS FÜR EXPERTEN
Naja, wir wurden von unserer romantischen Vorstellung ganz einfach direkt vom Farmer Rohkaffee zu beziehen ganz schnell straight back to reality geholt: Wie bekommen wir denn 4 Säcke nach Deutschland?
Ein Container fasst insgesamt 320 Säcke, also ungefähr 20 Tonnen Kaffee. Wir als Micro-Roastery verarbeiten aktuell knapp 3 Tonnen Kaffee – unmöglich für uns also den Container mit ausschließlich kenianischen Kaffee zu füllen. Auch hier liegt ein weiterer Vorteil in der Zusammenarbeit mit Rohkaffeehändlern oder z.B. Algrano: Sie organisieren den Transport des Kaffees vom Ursprung bis zum Warenhaus, im Fall von Trabocca ist das Jonker & Schut in Barneveld in den Niederlanden.
Ohne Traboccas Hilfe und Expertise müssen wir also selbst kontrollieren, welchen Cupping Score Geralds Kaffee verdient und welche Qualität die diesjährige Ernte bringt. Wir wissen natürlich, dass die letzten zwei Ernten einwandfrei waren – von Trabocca sichergestellt – doch bedarf es viel Vertrauen Kaffee direkt vom Farmer zu kaufen, ohne bei der Qualitäts- und Preisbeurteilung vor Ort zu sein. Ebenso das Thema Verschiffung war ein offenes Buch – wer erbarmt sich und nimmt unsere 4 Säcke mit in seinen Container?
AUF DER SUCHE NACH EINEM EXPORTEUR
Einzige Möglichkeit: Wir brauchen doch jemanden, der sich in Kenia auskennt, der dort vernetzt ist und Rohkaffee von dort exportiert und dann zu uns importiert. In diesem Fall kam uns Chris Pfeiffer von Wertkaffee in den Sinn. Ein junger Unternehmer, der sich auf den Rohkaffeeimport von kenianischen Specialty Coffee spezialisiert hat. Wir konnten ihn für das Projekt gewinnen und haben Chris und Gerald über WhatsApp und Skype vernetzt, um das weitere Vorgehen zu planen. Ergebnis war, dass Chris dann seine Ursprungsreise im Januar mit einem Treffen mit Gerald und einem Cupping seines Kaffees verband. Leider war das Cupping nicht so eindeutig positiv, wie wir es uns erhofft haben und es gab einige Missverständnisse zwischen den beiden, sodass wir in Deutschland ganz hilflos mit zusehen mussten, wie Gerald sich entschied sicherheitshalber doch alles an den US Buyer zu verkaufen und keinen Parallel-Weg mit uns und Chris zu gehen.
KEIN KAFFEE AUS KENIA DIESES JAHR
Das Ergebnis ist also, dass wir dieses Jahr leider keinen Kaffee von Gerald bekommen werden. Nach der ersten, herben Enttäuschung gesellt sich nun das Gefühl dazu eine Erfahrung reicher zu sein und im nächsten Jahr das ganze etwas anders anzugehen. Bis dahin genießen wir noch die letzten 15 kg, die noch von der Crop 22 übrig sind und empfehlen alle Kenia Kambarare Fans sich nochmal mit Geralds Kaffee einzudecken.
FAZIT UNSERES DIREKT-IMPORT-VERSUCHS
Kaffee direkt vom Farmer ohne Zwischenglied zu beziehen ist für jede Kaffeerösterei mehr als herausfordernd. Es ist nicht leicht und bedarf einer genauen Planung und Recherche, welche Bedingungen im Ursprungsland vorherrschen. Für eine große Sicherheit, sollte man beim Aussuchen und Einkauf auch vor Ort sein. Ursprungsreisen bei jedem Kaffee-Einkauf können wir uns schlicht nicht leisten und würde in manchen Fällen den Kaffee auch unnötig verteuern. Wenn eine Beziehung zwischen Röster und Farmer jedoch auf erfahrenen und vertrauensvollen Füßen steht, müssen wir nicht immer vor Ort sein, um Kaffee auszusuchen und mit dem Kaffeefarmer in Kontakt zu sein. Wir haben also die Erkenntnis gesammelt, dass wir so einiges über Rohkaffee-Einkauf, Bewertung, Export noch nicht wissen und uns dafür gerne auf Experten verlassen. Kaffee wird in so vielen verschiedenen Ländern angebaut, deren strukturelle und kulturelle Gegebenheiten wir noch nicht kennen und es auch ganz viel Arbeit bedeutet, diese zu verstehen.
ROHKAFFEEHÄNDLER ALS WICHTIGES ZWISCHENGLIED
Bis dahin vertrauen wir auf spezialisierte Rohkaffeehändler, die viel Aufwand betreiben, Kaffeefarmen und Kooperativen in Ursprungsländern zu erschließen und eine langfristige, nachhaltige, zuverlässige, vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und uns damit die Tür zum Farmer öffnen und ebnen. Diese Arbeit möchten wir hiermit herausstellen und als für uns essentiell bezeichnen.
Dank geht deshalb an Trabocca raus, die uns seit Beginn an mit Expertise, tollen Kaffees, respektvollen Handelsbeziehungen mit Kaffeefarmern, die sie anhand von Preistransparenz belegen und stetigem Austausch, begleiten.
Außerdem geht natürlich auch Dank an Chris Pfeiffer raus, der sich bemüht hat uns dabei zu helfen Geralds Kaffee nach Deutschland zu bekommen. Es hat dieses Jahr leider noch nicht geklappt – aber wir werden es nochmal probieren!!
Es ist nicht leicht, aber nicht unmöglich!!!