WAS HAT DER KAFFEE AN DER BÖRSE ZU TUN?
In diesem Blogbeitrag möchten wir euch erklären was uns die Börse für Kaffee interessiert und wie wir damit umgehen.
Kaffee gehört zu den meistgehandelten Gütern weltweit und wird, wie viele andere Rohstoffe, an der Börse gehandelt. Der Börsenpreis von Kaffee unterliegt jedoch zahlreichen Schwankungen, da er hauptsächlich von Angebot und Nachfrage beeinflusst wird. Extreme Wetterbedingungen, Krankheiten der Kaffeepflanzen, geopolitische Entwicklungen, steigende Transportkosten, wachsende Nachfrage, Kapitalisierung und Spekulation sowie die Abhängigkeit vom US-Dollar machen den Kaffeepreis zu einem sprichwörtlichen „Fähnchen im Wind“.
Brasilien, Vietnam und Kolumbien, die drei größten Kaffeeproduzenten der Welt, spielen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Börsenpreises. Nach erheblichen Ernteausfällen im mit Abstand größten Anbauland Brasilien im Jahr 2021 hat der Preis kontinuierlich zugenommen und verzeichnete Ende 2024 einen weiteren deutlichen Anstieg nachdem in Brasilien eine der schwersten Dürreperioden überhaupt zu beobachten war (Zeit-Online Artikel hierzu). Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist der Börsenpreis um knapp 70 % gestiegen.
GLOBALER HANDEL – GLOBALE UNGERECHTIGKEIT
Diese Entwicklung verdeutlicht erneut, wie instabil der Kaffeemarkt ist. Zwar sind höhere Preise grundsätzlich notwendig, um den Produzenten* in den Anbauländern mehr Einkommen zu sichern, aber hohe Börsenpreise schaffen keine langfristige Sicherheit. Ein großes Problem für Kooperativen stellt z.B. dar, dass viele Mitglieder bei hohen Preisen lieber an der Kooperative vorbei ihren Kaffee verkaufen. Dadurch kann es passieren, dass die Kooperativen ihre Lieferverträge nicht einhalten können und in Schwierigkeiten geraten. Aber gerade für Kleinstfarmer* bietet die Kooperative Schutz und Sicherheit auf lange Sicht.
Die instabile Marktstruktur erschwert Planungen und erhöht die Risiken für die Farmer*, wodurch der Kaffeehandel zunehmend zur Spekulation wird. Dabei gehen Schätzungen davon aus, dass im Schnitt lediglich etwa 10-15 % des Endverbraucherpreises im Anbauland verbleiben.
Trotz des aktuell hohen Börsenpreises können finanzielle Ungleichheiten dadurch nicht gelöst werden: Rund 60 % des Kaffees wird auf Kleinstfarmen produziert, von denen etwa die Hälfte der Produzenten* an der Armutsgrenze lebt und fast ein Viertel in extremer Armut. Diese Produzenten* besitzen auch keine gemeinsame Lobby oder Interessenvertretung, weil es einfach zu viele auf der ganzen Welt verstreute Farmen sind. Wohingegen der Kaffeehandel von einigen wenigen großen Unternehmen beherrscht wird, die im Umgang mit Finanzen, Vorplanung und globalen Veränderungen (eigentlich alles was den Kaffeemarkt beeinflusst) ganz andere Möglichkeiten und Wissen besitzen.
Diese Realität zeigt, dass der Kaffeemarkt im globalen Norden auch von einer anhaltenden Geschichte globaler Ungerechtigkeit profitiert. Wer Kaffee produziert ist in den allermeisten Fällen global betrachtet arm. Der globale Handel – und insbesondere der Kaffeehandel – muss sich grundlegend ändern. Wir brauchen eine Form des Handels, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und der Natur orientiert, statt nur dem Profit zu dienen.
Als Teil unseres Selbstverständnisses als „Kaffeeschreiner“ streben wir Handelsbeziehungen an, die weitgehend unabhängig von Börsenpreisen funktionieren. Unser Ziel sind langfristige, persönliche Partnerschaften mit stabilen und kontinuierlich steigenden Preisen.
UNSERE KONSEQUENZ – UNSER ZIEL
Ein konkretes Beispiel für diesen Wandel ist unser Abschied vom bisherigen Baseliner „Passeio“. Dieser Kaffee wurde, wie der Großteil der brasilianischen Kaffees, in industriell optimierter Monokultur produziert. Auf der Farm wird zwar verantwortungsvoll gearbeitet und alles handgepflückt, was für uns wichtig ist und wodurch die ökologische Vielfalt auf der Farm weniger stark in Mitleidenschaft gezogen wird, aber dennoch ist der Anbau wie er in Brasilien stattfindet nicht naturnah oder ökologisch. Der NDR hat allgemein zum Kaffeeanbau in Brasilien vor einigen Jahren eine informative Dokumentation hierzu veröffentlicht, die auf YouTube abzurufen ist.
Obwohl wir schon länger über eine Alternative nachdachten, hatte er aufgrund seiner nussigen und schokoladigen Aromen und seines erschwinglichen Preises lange Zeit Bestand. Nun ersetzen wir ihn durch „Isabels Anacafé“, einen Kaffee von kleineren Farmen in Guatemala, die von Isabel Herrarte betrieben werden.
Mit Isabel pflegen wir einen engen persönlichen Kontakt, der es uns ermöglicht, Preise direkt, bedarfsorientiert und auf Augenhöhe auszuhandeln. Darüber hinaus bietet die Varietät „Anacafé“ zusätzliche Vorteile: Als Hybrid bestehend aus dem Kaffeerost-resistenten Timor Hybrid 832/1, Caturra und Pacamara ist sie widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen und Kaffeerost. Sie liefert stabile Erträge und erfüllt mit ihrer sensorischen Qualität die Anforderungen an einen Kaffee für den Alltag.
Auf allen Farmen von Isabel wird Schattenanbau betrieben. In der Praxis bedeutet dies, dass der Kaffeestrauch in seinem natürlichen Habitat als Pflanze in einem Wald, im Schatten der Bäume wachsen kann. Die Vorteile dieser Anbaumethode liegen im ökologischen Aspekt: Allgemein deutlich geringerer Einsatz von chemischen Hilfsmitteln, keine Bewirtschaftung mit Erntemaschinen (keine Bodenverdichtung, keine unnötige Entfernung von Bewuchs), der natürliche Wald als Lebensraum für Tiere wird erhalten.
Mehr zum Schattenanbau und weiterführende Literatur findet ihr über unseren Blogbeitrag zu den ökologischen Aspekten auf der Fincas Herrarte.
WEITERER BASIC KAFFEE AB MÄRZ 2025
Außerdem zieht die Änderung des Sortiments in Bezug auf den Passeio eine weitere Neuerung nach sich: Ab voraussichtlich Februar/März 2025 werden wir den Suke Quto washed als Baseliner dauerhaft in unser Sortiment aufnehmen. Unserer Vorliebe für äthiopische Kaffees folgend, freuen wir uns die Zusammenarbeit mit Suke Quto und Trabocca weiter zu vertiefen und euch mit diesem neuen Baseliner dauerhaft zu versorgen. Auf Suke Quto erfolgt der Anbau biologisch zertifiziert, wodurch wir unseren Impact im ökologischen Bereich weiter verbessern. Tesfaye Bekele durften wir auf der World of Coffee 2023 treffen.
Im Gegensatz zu den streng nach Börse gehandelten und produzierten Kaffees aus Brasilien, haben wir es bei Suke Quto und Trabocca mit Partnern zu tun, die miteinander direkt verhandeln und bereits auf 15 Jahre Zusammenarbeit zurückblicken können. Und auch wir sind stolz bereits seit der Ernte 2020 jährlich Kaffee von Suke Quto zu beziehen.